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Am 13. November 2024 fand in Berlin der 6. TherapieGipfel des Spitzenverbandes der Heilmittelverbände (SHV) e. V. statt. Das Motto des diesjährigen TherapieGipfels lautete: „Gesundheit wählen! Die Zukunft der Therapie im Wahljahr 2025“. Das Motto stand schon lange fest, doch angesichts der politischen Entwicklungen und der vorgezogenen Bundestagswahlen entwickelte es noch einmal eine ganz besondere Relevanz.

Rund 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der Heilmittelbranche fanden sich ein im Historischen Saal des Langenbeck-Virchow-Hauses, um die dreistündige Podiumsdiskussion zu verfolgen, zu der die SHV-Vorsitzenden Gäste aus Politik und Verwaltung eingeladen hatten.

Eröffnet wurde die Veranstaltung vor vollen Rängen vom SHV-Vorsitzenden Andreas Pfeiffer, der in seinen einführenden Worten darauf einging, was der SHV in den vergangenen zehn Jahren erreicht hat: den Wegfall der Grundlohnsummenbindung, die Einführung bundeseinheitlicher Vergütungen, die Möglichkeit von Schiedsverfahren oder auch die Einführung der Videotherapie. Allesamt Fortschritte, aber zentrale Forderungen, die der Schlüssel für eine bessere Gesundheitsversorgung sind, bleiben bestehen. Pfeiffer verwies an dieser Stelle auf die acht Punkte des umfassenden Positionspapiers, das auf der Pressekonferenz am gleichen Tag vorgestellt wurde, insbesondere auf die beiden Themenbereiche, die in der nachfolgenden Podiumsdiskussion besonders beleuchtet werden sollten: Mehr Autonomie für Heilmittelerbringende und Bürokratieabbau.

In dem folgenden Impulsreferat gab Prof. Dr. PH Melanie Messer (Leitung des Instituts für Pflegewissenschaft an der Universität Würzburg) einen Einblick in ausgewählte Aspekte des Gutachtens des Sachverständigenrats Gesundheit und Pflege und die daraus resultierenden Empfehlungen, um die Fachkräftesituation zu verbessern. Alle ihre Empfehlungen zielen darauf ab, Fachkräfte effizienter einzusetzen und zu steuern, denn die bloße Erhöhung von Personal sei nicht die Lösung. Geeignete Steuerungsinstrumente seien vielmehr eine interprofessionell vernetzte Versorgung und eine Modernisierung der Aufgaben. Alles Aspekte, die zwar vorrangig für die Situation in der Pflege untersucht wurden, sich ihrer Aussage nach aber auf den Heilmittelbereich übertragen ließen.

„Autonomie mit Zäunchen“

Nach diesen einführenden Statements übernahm Sabine Rieser die Moderation für den ersten Teil der Podiumsdiskussion, in dem insbesondere die Themen „Blankoverordnung“ und „Direktzugang“ in den Fokus genommen wurden. Julius Lehmann (KBV, Abteilungsleiter Veranlasste Leistungen) und Christoph Zamoryn (GKV-Spitzenverband, Fachreferent Heilmittel) positionierten sich zu den Forderungen der stv. SHV-Vorsitzenden Frauke Kern (dbl, i.V. für Dagmar Karrasch), Manuela Pintarelli-Rauschenbach (VPT) und Ute Repschläger (IFK).

Einen großen Raum nahm die Diskussion der in Physio- und Ergotherapie eingeführte Blankoverordnung ein. Von Teilen der Ergo- und Physiotherapieverbände wurde sie begrüßt und als Schritt hin zu mehr Autonomie angesehen. Die Verbände appellierten aber auch an die Ärzte, verantwortungsvoll mit der Erwartungshaltung ihrer Patientinnen und Patienten umzugehen. Die Vertreter von KBV und GKV-SV sehen die Blankoverordnung ebenfalls als guten Schritt, der GKV-SV möchte die weitere Entwicklung jedoch erst einmal beobachten und evaluieren, bevor möglicherweise die Diagnosen, für die die Blankoverordnung ausgestellt werden kann, ausgeweitet werden.

Für die Logopädie wäre die Blankoverordnung aus Sicht der im SHV vertretenen Logopädie-Verbände kein Fortschritt, da in der Logopädie bereits die Möglichkeit der eigenen Diagnostik besteht, die Methodenwahl bei der Therapeutin selbst liegt und auch Frequenz und Dauer in Absprache mit der Ärzteschaft veränderbar sei. Sie fordern den Direktzugang, um Patientinnen, Patienten und deren Angehörige beraten, diagnostizieren und therapieren zu können, ohne dass die Versicherten als erstes den Weg über die Arztpraxis gehen müssen. Eine Hand-in-Hand Arbeit auf Augenhöhe zwischen Therapeutin und Ärzteschaft würde hierbei gewünscht.

Deutlich wurden die unterschiedlichen Auffassungen im Hinblick auf den Direktzugang: Während alle Heilmittelverbände eine Einführung des Direktzugangs als einen wichtigen Schritt unbedingt befürworten, beurteilten die anwesenden Vertreter von GKV-Spitzenverband und KBV den Direktzugang erwartungsgemäß äußerst kritisch. Ihrer Meinung nach sollen erst einmal mit der in Physio- und Ergotherapie eingeführten Blankoverordnung Erfahrungen gesammelt werden, bevor man die Autonomie für die Heilmittelerbringer ausweitet. Die Heilmittelerbringer entgegneten jedoch in der Diskussion, dass es sich bei Blankoverordnung und Direktzugang um verschiedene Versorgungsformen handelt und diese Themen daher nicht verbunden werden können.

An dieser Stelle konnte sich das Publikum mit eigenen Fragen und Meinungen einbringen und konfrontierte das Podium mit Erfahrungen aus dem Praxisalltag.

Die Moderatorin konstatierte zusammenfassend, es scheine im Moment noch nur eine „Autonomie mit Zäunchen“ zu geben.

 Mehr Therapeuten am Patienten und nicht am Schreibtisch!

Wartezeiten von drei bis sechs Wochen, verzweifelte Patientinnen und Patienten, die nach Hausbesuchen fragen, Überforderung von pflegenden Angehörigen, die sich um ihre aufgrund immer kürzer werdenden Krankenhausaufenthalten nicht mobilen Angehörigen sorgen… All dies sind Szenarien, die schon heute Realität in vielen Heilmittelpraxen sind, berichtete Andrea Rädlein (Physio Deutschland) in ihrem Eingangsstatement zum zweiten Teil der Podiumsdiskussion, die sie gemeinsam mit Andreas Pfeiffer (DVE) und Katrin Schubert (dbs) und den Vertretern von KBV und GKV-SV bestritt. Trotz einer parallel stattfindenden Anhörung des Gesundheitsausschusses konnten es zeitweise auch Saskia Weishaupt (MdB-Bündnis90/Die Grünen) und gegen Ende Christian Bartelt (MdB-FDP) einrichten, sich an der Diskussion zu beteiligen.

Es muss etwas passieren! Diese Aussage hätten vermutlich alle Anwesenden unterschrieben. Dass Bürokratieabbau zur Entlastung in den Praxen führen würde, ist unbestritten. Nur wie? „Weniger Papier, mehr Gesundheit – Wege zum Bürokratieabbau im Gesundheitswesen“ – dazu tauschte sich das Podium aus. Die bekannten Brandthemen Zuzahlungseinzug, Absetzungen wegen Formfehlern, Prüfpflicht: Alles wurde mit zahlreichen Beispielen – auch aus dem Publikum – belegt und zeigte die Notwendigkeit, hier dringend und zeitnah etwas zu ändern. Wer hat welche Kompetenzen und wer hat welche Aufgabe? Beispiel Zuzahlungseinzug: Wer macht’s? Bislang liegt die Aufgabe bei den Praxen. Aus Sicht der Verbändevertreter müssen die Praxen von dieser Aufgabe entlastet werden, denn ihre Kernkompetenz ist die Therapie an den Patienten. Sollten also nicht eher die Institutionen, bei denen die Verwaltungskompetenz liegt – nämlich bei den Krankenkassen – diese Aufgabe übernehmen? Der GKV-Vertreter sah dies nicht so, seiner Meinung nach solle der Einzug dort erfolgen, wo die Leistung erbracht werde. Die Prüfpflicht gehöre seiner Meinung nach ebenfalls in die Hände der Leistungserbringenden. Hier gab es von Seiten der SHV-Verbände den Einwurf, dass derjenige, der für die fehlerhafte Ausstellung die Verantwortung trägt – sei es die Arztpraxis oder der Softwareanbieter – auch für den Fehler und dessen Berichtigung geradestehen müsse. Dass die Selbstverwaltung den Ball an die Therapeutinnen und Therapeuten einfach wieder zurückspiele, sei kritisch. An dieser Stelle brachte der KBV-Vertreter noch einmal die Möglichkeit eines Runden Tisches ein, an dem man gemeinsam alle Prozesse hinterfragen und an einer Lösung arbeiten könne.

Saskia Weishaupt betonte, dass aus ihrer Sicht der Fokus im Gesundheitsbereich auf der Ärzteschaft und dem Pflegebereich liegt. Ebenfalls wichtige Berufsgruppen – wie die im Heilmittelbereich, die wichtige Versorgung sicherstellen – würden zu Unrecht vergessen.

Der Wahlkampf hat begonnen

Es wurde offensichtlich, dass in Sachen Bürokratieabbau noch dicke Bretter zu bohren sind. Die Hürden im Praxisalltag, die in einzelnen Wortmeldungen aus dem Publikum eindrücklich geschildert wurden, müssen beseitigt werden, sodass am Ende wieder mehr Zeit für die Arbeit am Patienten bleibt. Dafür braucht es eine Strategie. Einen ersten Aufschlag hat der SHV mit seinem Positionspapier gemacht.

Mit Blick auf den nun anstehenden Wahlkampf appellierte SHV-Vorsitzender Andreas Pfeiffer an die Anwesenden, jetzt die Parteien im eigenen Wahlkreis anzusprechen und auf die Probleme aufmerksam zu machen. „2025 wird unser Jahr! Neue Regierung, neue Chancen.“

Der SHV wird die nächsten Wochen bis zu den Neuwahlen nutzen, um auf die Parteien

zuzugehen und das am gleichen Tag veröffentlichte SHV-Positionspapier „Versorgung neu denken!“ Positionspapier SHV_November 2024_ als Grundlage für die politische Kommunikation einsetzen, damit die darin enthaltenen Forderungen möglichst in den Koalitionsvertrag eingehen.

„Gemeinsam werden wir etwas erreichen“, so das Schlusswort von Andreas Pfeiffer.

axentis/Lopata.

„Mehr Autonomie“ – darüber diskutierten im ersten Teil der Podiumsdiskussion des SHV-Therapiegipfels: (v.l.) Frauke Kern (dbl), Christoph Zamoryn (GKV-SV), Manuela Pintarelli-Rauschenbach (SHV/VPT), Ute Repschläger (SHV/IFK), Julius Lehmann (KBV) und Sabine Rieser (Moderation)

axentis/Lopata.

Diskussionsrunde zum Thema „Wege zum Bürokratieabbau im Gesundheitswesen“: (v.l.) Christian Bartelt (MdB/FDP), Saskia Weishaupt (Bündnis 90/Die Grünen), Katrin Schubert (SHV, dbs), Christoph Zamoryn (GKV-SV), Andrea Rädlein (SHV, Physio Deutschland), Andreas Pfeiffer (SHV, DVE), Julius Lehmann (KBV) und Sabine Rieser (Moderation)

Das Gesundheitssystem ist überlastet, Patienten müssen immer länger auf einen Arzttermin warten. Was wäre da naheliegender als die Möglichkeit zu schaffen, dass Patienten mit bestimmten Beschwerden direkt einen Therapeuten aufsuchen dürfen? Dass sie also keine ärztliche Verordnung bräuchten, um eine Heilmitteltherapie zu erhalten. Der Direktzugang würde nicht nur Wartezeiten verkürzen, sondern das Gesundheitssystem auch finanziell entlasten – bei mindestens ebenso guten therapeutischen Ergebnissen.

Bislang ist der Direktzugang politisch nicht gewollt. Das jüngst in Kraft getretene Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) sieht jedoch die Einführung der Blankoverordnung vor. Dabei darf der Therapeut selbst entscheiden, welche Therapieform er wie oft und mit welcher Frequenz durchführt. Bislang ist noch nicht geklärt, für welche Diagnosen eine Blankoverordnung genutzt werden kann. Darüber müssen sich die Vertreter der Heilmittelerbringer mit den gesetzlichen Krankenkassen einigen. Mit den Ärztevertretern ist Einvernehmen herzustellen. Unklar ist auch noch, wer die wirtschaftliche Verantwortung für die  Blankoverordnung verteilt wird.

Langfristig strebt der SHV nach wie vor die Einführung des Direktzugangs an, auch um Patienten schneller und zielgerichteter therapeutisch versorgen zu können. Inzwischen gibt es zahlreiche internationale Studien, die die hohe Qualität der therapeutischen Versorgung im Direktzugang belegen. Die Studien variieren in Aufbau und genauem Forschungsziel. Zusammenfassend lässt sich aber sagen, dass die therapeutische Direktbehandlung der Behandlung nach vorheriger ärztlicher Befundung in nichts nachsteht. Patienten, die im Direktzugang von einem Therapeuten behandelt wurden, waren häufig sogar schneller wieder fit. Hier wurden etwa die Anzahl der benötigten Behandlungstermine, die Anzahl der Krankentage oder die Kosten der Behandlung verglichen.

Um die Erkenntnisse aus dem Ausland auf Deutschland übertragen zu können, sind weitere, gezielte Untersuchungen sinnvoll. Dann könnte zum Beispiel überprüft werden, für welche Beschwerden der Direktzugang geeignet ist. Außerdem könnten die Effektivität und die Wirtschaftlichkeit konkret erforscht werden.

Voraussetzung für Modellprojekte zum Direktzugang im deutschen Gesundheitssystem ist, dass die Politik eine entsprechende Formulierung im Gesetz verankert. Im jüngst verabschiedeten Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) wurde diese Chance vertan. Der SHV macht sich deshalb weiter dafür stark, dass die Politik die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Modellvorhaben schafft.

Der Direktzugang zu therapeutischer Behandlung ist eins der vier großen Themen, die beim 2. TherapieGipfel in Berlin im Mittelpunkt stehen werden. Am 9. September ab 13 Uhr wird es zudem um die Vergütung der Heilmittelerbringer, das Digitale Versorgung-Gesetz (DVG) und die Novellierung der Berufsausbildungsgesetze mit Blick auf die Akademisierung gehen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (MdB) hat seine Teilnahme bereits zugesagt.

Weitere Informationen sowie die Möglichkeit zur kostenlosen Online-Anmeldung gibt es unter www.shv-heilmittelverbaende.de/therapiegipfel.

Großes Verbändetreffen der Therapeuten in Berlin

Schon gestern, am 12. März 2019, haben sich die 15 maßgeblichen Verbände der Heilmittelbranche in Berlin getroffen, um die Weichen für die Zukunft der Heilmittelberufe auf der Basis des Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) zu stellen. Alle diese Verbände haben bisher mit dem GKV-Spitzenverband die Rahmenempfehlungen für ihren jeweiligen Heilmittelbereich verhandelt und bleiben damit auch für die Zukunft der Vertragspartner für alle anstehenden Vereinbarungen – so sieht es das TSVG vor.

Heute Vormittag hat nun der Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages die Beratungen zum TSVG abgeschlossen. Dies ist Voraussetzung dafür, dass der Deutsche Bundestag morgen, am 14. März 2019, das Gesetz in 2. und 3. Lesung beschließen kann. In der 16. KW erfolgt die Beratung im Bundesrat. Das Gesetz wird dann zum 01. Mai 2019 in Kraft treten. 

Verbändetreffen

Verbändetreffen in Berlin

Konkret geht es im TSVG um höhere Vergütungen, weniger Bürokratie und mehr therapeutische Spielräume, vor allem aber auch um eine Professionalisierung des Berufsstandes und mehr Autonomie gegenüber den Krankenkassen und den anderen Gesundheitsberufen Aufgabe ist es nun,  die breiten Möglichkeiten, die das neue Gesetz allen Berufsgruppen bringt, bestmöglich zu nutzen. Deshalb haben alle Verbände im gestrigen Treffen einstimmig beschlossen, fünf Arbeitsgruppen einzurichten und sehr kurzfristig in den nächsten Wochen  z. B. zu den Themenbereichen Vergütung, Blankoverordnung, Zulassung und Schiedsstelle gemeinsame Beschlüsse vorzubereiten. Schon die erste Diskussion hat gezeigt, dass es breite Schnittmengen gibt. Je einheitlicher die Branche gegenüber dem GKV-Spitzenverband auftritt, desto durchsetzungsfähiger wird sie in den Verhandlungen sein.

Verbände nehmen die Verantwortung für die Branche sehr ernst

Insgesamt haben 28 Vertreter von DBA, DBS, DBL, DVE, IFK, SHV, QUETHEB, VDB, VDD, VDOE, VDP, VFED, VPT, ZFD und ZVK über die nächsten Schritte nach Inkrafttreten des TSVG beraten. In diesen Berufsverbänden sind mehr als 110.000 Diätassistenten und Ernährungswissenschaftler bzw. Oecotrophologen, Ergotherapeuten, Logopäden, Masseure und medizinische Bademeister, Physiotherapeuten, Podologen, sowie Sprach- und Stimmtherapeuten als Mitglieder organisiert. Die Vertreter dieser Verbände sprechen damit für mehr als 95 % aller organisierten Heilmittelerbringer und sind zweifellos deren legitimer Vertreter gegenüber der Gesundheitspolitik und den Kostenträgern.

Im Rahmen der Sommeraktion gab es einen weiteren Termin: Der Physiotherapeut Stefan Wagner war unser Gastgeber in Bergheim und konnte aus eigener Erfahrung berichten, wie schwer es ist, geeigneten Nachwuchs zu finden. Das Eckpunktepapier Jens Spahn vom 17.9.18 wurde deshalb außerordentlich begrüßt. Von daher gab es einen spannenden Meinungsaustausch, auch wenn der Abgeordnete Dr. Kippels verkehrsbedingt absagen musste.