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Auf der am 15. Juli stattgefundenen Verbändeanhörung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) hat der SHV seine Bedenken und Kritik am geplanten Gesetzentwurf zur Stärkung der Herzgesundheit deutlich gemacht. Im Mittelpunkt der Kritik steht die vorgesehene Kürzung von Präventionsmaßnahmen zugunsten von vermehrten Check-Ups und einer vermehrten Gabe von Arzneimitteln, insbesondere Statinen.

Mitte Juni 2024 veröffentlichte das BMG den Referentenentwurf für ein Gesetz zur Stärkung der Herzgesundheit. Der Schwerpunkt des Gesetzes liegt derzeit auf einem schnelleren Zugang zu Medikamenten, um Herzkrankheiten symptomatisch zu behandeln. Der SHV hält diesen Ansatz für grundlegend falsch, da er sich auf die Bekämpfung der Symptome statt der Ursachen von Herzkrankheiten konzentriert.

Es ist zwingend erforderlich, viel stärker als bislang in echte Prävention zu investieren und diese auszubauen. „Es müssen demnach auch weiterhin niedrigschwellige präventive Angebote bestehen, um ein gesundheitsorientiertes Verhalten in allen Bevölkerungsschichten zu fördern. Idealerweise sollten derartige Angebote schon vor dem Einsatz von Arzneimitteln ansetzen.” betont der SHV in seiner Stellungnahme.

Die geplanten Regelungen im Gesetzentwurf führen dagegen dazu, dass die gesetzlichen Krankenkassen kaum noch finanziellen Spielraum zur Bezuschussung von Präventionskursen hätten. Ohne diese finanzielle Unterstützung durch die Krankenkassen hätten viele dieser Kurse keine Zukunft. Die Umleitung der bislang für Prävention vorgesehenen Finanzmittel der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) hin zu Check-Ups und Arzneimitteln wird zu einer unnötigen Leistungskürzung im Bereich der Prävention führen. Check-Ups und Medikamente sind kein adäquater Ersatz für präventive Maßnahmen.

Der SHV fordert das BMG auf, den Gesetzentwurf grundlegend zu überarbeiten und dabei den Schwerpunkt auf präventive Maßnahmen zu legen. Nur durch frühzeitige und umfassende Präventionsangebote kann langfristig die Herzgesundheit der Bevölkerung gestärkt und Herzkrankheiten effektiv vorgebeugt werden.

Köln, den 08.08.2024

Der Spitzenverband der Heilmittelverbände (SHV) hat konkrete Forderungen für die mögliche Umsetzung einer elektronischen Leistungsbestätigung im Rahmen des Anschlusses der Heilmittelerbringer an die Telematikinfrastruktur sowie der Digitalisierung von Prozessen rund um die Heilmittelverordnung formuliert und in einem Positionspapier verabschiedet.

 In dem vom SHV-Vorsitzenden Andres Pfeifer an die gematik übergebenen Papier wird betont, dass der SHV den generellen Wegfall der Leistungsbestätigung durch die Patienten als entscheidenden Schritt zum Bürokratieabbau in Heilmittelpraxen befürwortet. Dadurch würde eine Gleichstellung mit der bereits bestätigungsfreien Abgabe von Medikamenten und ärztlichen Leistungen erreicht.

Bliebe es aber weiterhin bei dem Erfordernis der Leistungsbestätigung wird die gematik aufgefordert, die elektronische Verordnung mit einer elektronischen Leistungsbestätigung zu ergänzen und die Spezifikation für die elektronische Leistungsbestätigung so zu definieren, dass die Inanspruchnahme von Heilmitteln wie bisher durch den Patienten selbst oder ggf. durch Dritte ohne besonderen Aufwand für den Leistungserbringer und den Patienten bestätigt werden kann. Es darf zu keiner Erhöhung des bürokratischen Aufwandes durch die Einführung der elektronischen Leistungsbestätigung kommen.

Nur so kann die Einführung der elektronischen Heilmittelverordnung reibungslos erfolgen und von den Patienten und Leistungserbringern akzeptiert werden.

Position SHV eLB 05.04.2024_Netzmeldung

In der Verbändeanhörung zum Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) mahnt der SHV die Berücksichtigung der Heilmittelbringer in der Reform des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) an.

Am 6. Mai 2024 fand auf Einladung des Bundesministeriums für Gesundheit eine Anhörung der Verbände zum Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz GVSG statt.

Für den SHV hat Thomas Ramm, Bundesgeschäftsführer VPT-Verband für Physiotherapie teilgenommen. Die Verbände diskutierten den überwiegenden Teil der Anhörungszeit über die hausarztzentrierte Versorgung, die Versorgungspauschale für chronisch Kranke und die Entbudgetierung hausärztlicher Leistungen.

Thomas Ramm stellte als Vertreter des SHV die im Gesetz geplante Reform des G-BA in den Fokus. Der aktuelle Gesetzentwurf enthält ein Antrags- und Mitberatungsrecht im G-BA für Berufsorganisationen der Pflegeberufe. Dies begrüßt der SHV, machte aber deutlich, dass die Heilmittelerbringer analog zu einer stärkeren Partizipation der Pflegeberufe ebenfalls einen Sitz im G-BA fordern. Dies ist nicht nur aufgrund der im Koalitionsvertrag geforderten Aufnahme von Pflege- und Gesundheitsberufen in den G-BA geboten, sondern trägt auch der in den letzten Jahren steigenden Verantwortung der Heilmittelerbringer in der Versorgung von Patient*innen Rechnung. Aus Sicht des SHV ist es daher unerlässlich, dass die Kompetenzen und Erfahrungen der Heilmittelerbringer verstärkt in den G-BA eingebracht werden.

Der Gesetzentwurf des GVSG wird nun überarbeitet und nach der Sommerpause zur parlamentarischen Beratung vorgelegt. Ob die Anregungen des SHV in den Entwurf mit aufgenommen werden, bleibt abzuwarten.

                                                                                                           

Köln, den 07.05.2024

Im Januar fand die erste mündliche Anhörung des G-BA zum Thema „Heilmittel-Richtlinie: Vorgaben indikationsbezogener Zeitbedarfe bei Manueller Lymphdrainage und weitere Änderungen“ per Videokonferenz statt.

Für den Spitzenverband der Heilmittelverbände (SHV) nahmen Prof. Dr. Constance Daubert (SRH Hochschule für Gesundheit GmbH) und Karl-Werner Doepp (Leiter VPT Fachgruppe Innere Medizin) an der Anhörung teil.

Beide beriefen sich in ihren Wortbeiträgen auf die gemeinsame Stellungnahme der SHV-Mitgliedsverbände zum Beschlussentwurf des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) über die genannte Änderung der Heilmittel-Richtlinie.

Darin fordert der SHV, das neue vorrangige Heilmittel „MLD ohne Therapiezeit“ (Bezeichnung MLD statt MLD-flex), das im Beschlussentwurf vorgesehen ist, mit den bestehenden vorrangigen Heilmittel MLD-30, MLD-45 und MLD-60 zu kombinieren.

Diese Kombination wurde im Beschlussentwurf jedoch abgelehnt und in der Anhörung deshalb noch einmal erneuert und argumentativ ausgebreitet. Gegen die Ablehnung machten Daubert und Doepp vor allem geltend, dass die aktuelle Einteilung der verordnungsfähigen indikationsbezogenen Zeitbedarfe für die MLD nach den drei Stadien und den damit verbundenen festen Behandlungszeiten nicht mehr dem aktuellen Wissensstand entspricht und den Bedürfnissen der Patient*innen nicht gerecht wird. Außerdem, so Daubert und Doepp, führe eine zu geringe Therapiezeit in der Phase 1 der Komplexen Physikalischen Entstauungstherapie (KPE) zu einer unzureichenden Entstauung des Ödems. Den Patient*innen werde die Chance auf eine stark therapiereduzierte Phase 2 verwehrt. Entsprechend qualifizierte Therapeut*innen sollten die Behandlungszeit, je nach ICD 10-Code und Befund, deshalb individuell anpassen können. Kritisch angemerkt wurde ebenfalls, dass die bisherigen Kriterien nicht alle Krankheitsbilder und Verläufe abdecken.

Es folgte eine klare Positionierung für eine Erweiterung der Kompressionsarten um die Medizinisch Adaptiven Kompressionssysteme (MAK), die in der SHV-Stellungnahme empfohlen, aber im Beschlussentwurf nicht berücksichtigt wurden. Dabei verbessert diese Kompressionsart den Therapieverlauf nachweislich und bietet den Patient*innen mehr Komfort.  In diesem Zusammenhang wiesen Daubert und Doepp noch einmal darauf hin, dass nur die im Beschlussentwurf genannten Kompressionsarten verordnungsfähig sind und damit auch abgerechnet werden könnten.

 

Seit Februar 2022 beschäftigt sich der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) mit der „Überprüfung der Heilmittel-Richtlinie (HeilM-RL) in Bezug auf die intensivierte Sprechtherapie bei der Indikation Störungen des Redeflusses (Stottern)“.

Dabei wird überprüft, ob intensivierte Sprechtherapien mit ausschließlich erhöhter Behandlungsfrequenz, die nicht explizit in der HeilM-RL geregelt ist, durch die Neufassung der HeilM-RL zum 1.1.2021 eingeschränkt bzw. noch konform durchführbar ist.

Bereits im Oktober hat der Spitzenverband der Heilmittelverbände (SHV) dazu schriftlich Stellung nehmen können. Am 19.12.2023 hat nun die mündliche Anhörung beim G-BA stattgefunden, bei der der SHV durch RAin Kirsten Weiffen (dbs) und Dr. Claudia Iven (Stellvertretende dbs-Bundesvorsitzende) vertreten wurde.

In der Anhörung konnte im Eingangsstatement hervorgehoben werden, wo die durch die HeilM-RL theoretisch gegebenen Verordnungsmöglichkeiten im Praxisalltag an ihre Grenzen stoßen und wo Anpassungsbedarf besteht.

Dies war in der schriftlichen SHV-Stellungnahme bereits ausführlich erläutert worden.

Der G-BA würdigt nun abschließend die Stellungnahmen und Beratungen und beschließt sodann über eine (Nicht-)Änderung der HeilM-RL.

Um die Richtlinie über die berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung insbesondere für schwer psychisch kranke Kinder und Jugendliche mit komplexem psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf (KJ KSVPsych-RL) ging es bei der Anhörung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) am 28. November 2023. Martin Schotte (dbl) vertrat den Spitzenverband der Heilmittelverbände (SHV) bei der mündlichen Anhörung zu diesem Thema. Zuvor hatte der SHV bereits eine schriftliche Stellungnahme zu den drei in weiten Teilen voneinander abweichenden Richtlinienentwürfen von GKV-Spitzenverband, Deutsche Krankenhausgesellschaft und Kassenärztliche Bundesvereinigung sowie der Patientenvertretung Stellung genommen.

Der SHV betonte in seinem Eingangsstatement die Bedeutung des in der Richtlinie vorgesehenen interdisziplinären Austausches durch regelmäßige Fallbesprechungen der beteiligten Leistungserbringer*innen („Netzverbund“), warnte aber davor, dass diese an fehlenden Strukturen und der fehlenden – weil nicht geregelten – Refinanzierung in der Praxis scheitern könnten. Dies ist schon in der Anwendung der bereits umgesetzten KSVPsych-RL zur Versorgung erwachsener Patientinnen und Patienten zu beobachten.

Überdies sei es, entsprechend der Entwurfsfassung der Patientenvertretung im G-BA, allen Leistungserbringer*innen, mithin also auch den beteiligten Heilmittelerbringer*innen, zu ermöglichen, eine Empfehlung zur Versorgung eines Patienten/einer Patientin nach der oben genannten Richtlinie auszusprechen. Denn: Therapeut*innen haben oft andere Einblicke in die Patientensituation als beispielsweise Ärzt*innen. Insbesondere Ergotherapeut*innen versorgen oft Patient*innen von Ärzt*innen, die nicht Teil des Netzverbundes sind. Die Möglichkeit, mehr Patient*innen in die Netzwerke zu bringen, sollte unbedingt genutzt werden.

 

Andreas Pfeiffer wurde erneut zum Vorsitzenden des Spitzenverbandes der Heilmittelverbände (SHV) gewählt. In der turnusmäßigen Vorstandssitzung am 22. November 2023 war das Votum des SHV-Vorstands einstimmig.

Andreas Pfeiffer hat knapp 30 Jahre als Ergotherapeut gearbeitet und ist seit 2018 Vorsitzender des DVE (Deutscher Verband Ergotherapie e.V.). Seit 2021 ist er ebenfalls Vorsitzender des SHV, zu dem sich die sechs mitgliederstärksten Berufsverbände der Heilmittelbranche zusammengeschlossen haben.

Bei seiner Wiederwahl betonte Andreas Pfeiffer, dass er auch in seiner zweiten Amtszeit dafür einsteht, die gemeinsame erfolgreiche Arbeit fortzusetzen und die berufspolitischen Forderungen weiterhin in die Politik einzubringen. In vielen politischen Anliegen ist ein Anfang gemacht, doch politische Arbeit braucht Ausdauer.

Der SHV fordert klare Bekenntnisse der Politik – zu modernen, wirtschaftlichen Therapieformen, die für Patienten unverzichtbar sind! Eine angemessene Vergütung, mehr Autonomie der Berufsgruppen sowie die Integration der Gesundheitsfachberufe in die Digitalisierung und den Abbau von Bürokratie stehen weiter auf der Agenda des SHV. Die Schaffung angemessener Rahmenbedingungen ist entscheidend, um die Gesundheitsberufe attraktiver für junge Menschen zu machen und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Über den Spitzenverband der Heilmittelverbände (SHV)

Der SHV vertritt als Spitzenorganisation die berufspolitischen Interessen der Heilmittelerbringer auf Bundesebene und ist für die Belange der Heilmittelversorgung Ansprechpartner der Politik, der Ministerien, der Selbstverwaltungsorgane, anderer bedeutender Organisationen des Gesundheitswesens sowie der Medien. Insgesamt vertritt der SHV mehr als 75.000 Mitglieder. Aktuell bilden drei physiotherapeutische Verbände (IFK, PHYSIO-DEUTSCHLAND und VPT), ein ergotherapeutischer Verband (DVE) sowie zwei Verbände aus dem Bereich der Logopädie (Deutscher Bundesverband Logopädie – dbl) und der Sprachtherapie (Deutscher Bundesverband für akademische Sprachtherapie und Logopädie – dbs) den SHV.

Mehr Informationen gibt es unter http://www.shv-heilmittelverbaende.de

Kontakt

SHV – Spitzenverband der Heilmittelverbände e. V.

Deutzer Freiheit 72-74

50679 Köln

Telefon: 0221/981027 14

info@shv-heilmittelverbaende.de

www.shv-heilmittelverbaende.de

„Der Therapiegipfel ist für die Heilmittelerbringer das gesundheitspolitische Highlight des Jahres.“ Mit diesen Worten begrüßt der SHV-Vorsitzende Andreas Pfeiffer alle anwesenden Gäste, Diskutanten und Funktionäre aus Verbänden und Politik zum 5. SHV-TherapieGipfel in Berlin. Vor vollen Rängen folgte auf eine kurze Bilanzierung der gemeinsam erreichten Ziele der vergangenen Jahre der Ausblick auf die bevorstehende Podiumsdebatte. Bezugnehmend auf das diesjährige Leitmotto der Veranstaltung Versorgung neu denken! erneuerte Pfeiffer die zentralen Themen und Forderungen, die seitens der Heilmittelerbringer an die Politik ergehen. Denn von ihrer Erfüllung hängt wesentlich ab, wie es um die Versorgungssicherheit im Gesundheitswesen zukünftig bestellt sein wird. Die Liste der Themen ermöglichte eine spannende Diskussion: Mehr Anerkennung für die Berufe und Mitbestimmung im G-BA, Verbesserung der interprofessionellen Zusammenarbeit, Bürokratieabbau, Direktzugang und Digitalisierung – um hier nur einige zu nennen.

„Allein die doppelte demografische Herausforderung – die Alterung unserer Gesellschaft und die Alterung unserer Berufsgruppen – erfordern es, Versorgung neu zu denken.“ (A. Pfeiffer)

Lauterbach kündigt unter anderem Vollakademisierung der Logopädie an    

„Wir nehmen uns die Reform der Berufsausbildungen Schritt für Schritt vor und fangen damit sofort an. Noch in diesem Jahr werden wir einen Entwurf für die Physiotherapie vorlegen.“ (K. Lauterbach)  

Per Videobotschaft setzte Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach noch vor Beginn der Podiumsdiskussion Wegmarken, an denen sich die Politik seines Ministeriums zukünftig wird messen lassen müssen. Im Rahmen des geplanten Versorgungsgesetzes stellte er etwa den Direktzugang konkret in Aussicht – vorläufig noch im Modellvorhaben. An die Reform der Berufsgesetze der Physiotherapie, so der Gesundheitsminister, sollen sich die Reformen von Logopädie/Sprachtherapie und Ergotherapie „zeitnah anschließen“ (K. Lauterbach). Bereits im Vorfeld der schrittweise durchzuführenden Berufsreformen würden mit dem Pflegestudiumstärkungsgesetz die akademischen Ausbildungsangebote in den Heilmittelberufen vom Modell- in den Regelzustand überführt. Inhaltlich vage blieb dagegen, was mit den „maßvollen Anpassungen“ (K.- Lauterbach) der Rahmenbedingungen gemeint ist, die den Übergangszeitraum organisieren und strukturieren sollen.

Breiten Applaus aus den Reihen der anwesenden Logopäden und Sprachtherapeuten, aber auch aus dem übrigen Plenum bekam Lauterbachs Zustimmung zur Vollakademisierung der Logopädie/Sprachtherapie, wie sie auch Bund und Länder im Gesamtkonzept Gesundheitsfachberufe vorschlagen. Dass der eingeschlagene Weg zur Akademisierung der Therapieberufe der richtige ist, dazu bekannte sich anschließend auch Dr. Oliver Grundei, Staatssekretär im Ministerium für Justiz und Gesundheit in Schleswig-Holstein. Im Anschluss an Lauterbachs Videobotschaft stellte er sich in der Entscheidungsfrage nach der Voll- oder Teilakademisierung für die Physiotherapie hinter den Bundesminister und sprach sich für die Teilakademisierung für diese Berufsgruppe aus, vor allem mit Blick auf die Größe der Berufsgruppe. Ausdrücklich aber mit dem Hinweis versehen, dass es sich dabei um eine Einschätzung „Stand jetzt“, also nicht um das „Ende der Fahnenstange“ handele.   

„Wir haben internationale Rahmenbedingungen, die so herausfordernd sind, wie wahrscheinlich seit Ende des zweiten Weltkriegs nicht mehr.“ (Dr. O. Grundei)

Was bedeutet es für die Reform der Berufsbilder und die interprofessionelle Zusammenarbeit, wenn wir Versorgung neu denken?

Den ersten Teil der Podiumsdiskussion eröffnete dann Markus Algermissen, Bundesministerium für Gesundheit. Von Moderatorin Sabine Rieser direkt auf die konkreten Umsetzungsschritte angesprochen, mit denen der angekündigte Gesetzentwurf „auf die Straße gebracht“ (M. Algermissen) werden soll, kam das Gespräch schnell bei den großen Themen an. Von den Vertretern des SHV wurde vor allem die Legitimierung der Teilakademisierung in der Physiotherapie als pragmatische, da jetzt machbare Zwischenlösung mit dem Gegenargument gekontert, sie trage dazu bei, „den Systembruch in Europa zu stabilisieren“ (A. Pfeiffer).  

Nur für einige ein Widerspruch: Die SHV-Vertreter stellten fest, dass eine Unterscheidung zwischen einer hochschulischen und fachschulischen Ausbildung mit Blick auf die Therapieprozesse nicht funktional sei. Interesse weckte Algermissen mit seiner Aussage, dass „ein wesentlicher Unterschied perspektivisch bei den diagnostischen Kompetenzen liegen wird“.

Einigkeit herrschte beim Thema Durchlässigkeit. Bei der Umsetzung der Teilakademisierung in der Physiotherapie müsse unbedingt und in alle Richtungen gewährleistet sein, dass auch Menschen mit mittleren Bildungsabschlüssen ermöglicht wird, ein Studium aufzunehmen. Nur so kann dieser Schritt wirksam dazu beitragen, den Fachkräftemangel abzubauen. Die Teilakademisierung, so Algermissen auf die Anschlussfrage, ob und wie genau Versorgung dabei neu gedacht wird, sei kein harmloser „Trippelschritt“, sondern vielmehr „der Einstieg in eine reguläre hochschulische Physiotherapieausbildung“. Es sei dieser Schritt, der „eine bessere Grundlage schafft, um Interprofessionalität zu fördern“, die eben nicht nur zwischen Ärzten und akademisierten Angehörigen der Gesundheitsfachberufe möglich sein darf. Diese „neu gedachte“ Interprofessionalität auf Augenhöhe bejaht und fordert im Einvernehmen mit den anderen Podiumsteilnehmern auch Dr. med. Ellen Lundershausen (Bundesärztekammer), die in diesem Kontext auch sehr gelassen auf das angebliche Reizthema Direktzugang blickt. Was hier aus Ärztesicht interessiert, ist vor allem die Qualifizierung, die erkennbar, also transparent sein muss. Daneben spielen Fragen der Haftung und der Budgetverantwortung eine Rolle. Sind diese Fragen geklärt, spricht nichts gegen eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, ohne die das „System am Ende auch gar nicht funktioniert.“ (Dr. med. E. Lundershausen)

„Mit dem pragmatischen Schritt stabilisieren wir den Systembruch in Europa.“ (A. Pfeiffer)

„Unterschiedliche Bildungsabschlüsse lassen sich mit der Teilakademisierung besser in die Versorgung integrieren, als über die Vollakademisierung.“ (M. Algermissen) 

„Akademisierung ist nicht die allseligmachende Antwort auf den Fachkräftemangel“ (M. Algermissen)

„Die Teilakademisierung ist aus unserer Sicht schon das richtige Stichwort.“ (M. Algermissen)

„Ganz große Unterschiede zwischen fach- und hochschulischer Ausbildung sind in der Physiotherapie gar nicht möglich.“ (M. Algermissen)

„Wir wollen den Beruf des Masseurs und des medizinischen Bademeisters erhalten und in die Zukunft tragen.“ (M. Algermissen)

„Der Direktzugang bildet im Gesamtkontext ein kleines Mosaiksteinchen bei der Neuordnung von Kompetenzen.“ (M. Algermissen)

„Interprofessionelle Zusammenarbeit darf kein Ehrenamt sein.“ (U. Repschläger)

„Wir schaffen eine Zwei-Klassen-Physiotherapie, wenn wir sagen, die einen dürfen den Direktzugang machen, die anderen nicht.“ (U. Repschläger)

„Wenn wir nicht mit den anderen Gesundheitsberufen zusammenarbeiten, können wir als Ärzteschaft überhaupt nicht arbeiten.“ (Dr. med. E. Lundershausen)

„Das Wort, das mir bis hierhin am besten gefällt: pragmatisch. Pragmatische Lösungen sind mir in diesem Kontext die liebsten.“ (Dr. med. E. Lundershausen)

„Es reicht nicht aus, die interprofessionelle Zusammenarbeit mit den Füßen in die Praxen zu tragen. Wir brauchen stabile Rahmenbedingungen, die den Prozess anleiten und professionalisieren.“ (K. Schubert)

Die Therapieberufe verlieren an Attraktivität – woran liegt das?

Nicht weniger kontrovers ging es im zweiten Teil weiter. Hier stand zunächst die Vergütungsfrage im Mittelpunkt: Inwieweit trägt die Unzufriedenheit mit dem Gehalt zum Attraktivitätsverlust und den häufigen Berufsausstiegen in den Therapieberufen bei? Sehr viel, wie sich zeigt, denn im Vergütungsranking mit anderen Berufen, auch im medizinischen Bereich, „bildet die Physiotherapie das einsame Schlusslicht.“ (M. Pintarelli-Rauschenbach) Auch Stamm-Fibich war der Meinung, dass zu einer „vernünftigen Behandlung auch eine adäquate Bezahlung“ gehört. Zu dem misslichen Vergütungssituation kommen unangenehmeRahmenbedingungen, zu denen verschiedene Kostensteigerungen im Praxisbetrieb ebenso gehören wie der immense bürokratische Aufwand, der nicht vergütet wird. Die Prüfpflicht oder das Einziehen der Zuzahlungen beispielsweise müssen „politisch geprüft und ggf. abgeschafft werden.“ (D. Karrasch) Zustimmung kam von der Bundestagsabgeordneten Saskia Weishaupt (BÜNDNIS 90/Die Grünen), die anerkennt, dass es in Zeiten der Teuerung nicht ausreicht, allein auf die Vergütung zu schauen, wenn deren Steigerung direkt der Inflation zum Opfer fällt. Ein zweiter Punkt betraf die Vergleichbarkeit der Gesundheitsberufe. Auch hier äußerte sich Weishaupt kritisch mit Blick auf unser „Arzt-zentriertes System in Deutschland“, das dazu führt, dass wir sehr gut ausgebildete Fachkräfte in den Gesundheitsfachberufen haben, die mehr können, als sie am Ende dürfen. Das heißt, hier liegt Potential für eine leistungsangemessene Vergütung sowie mehr Autonomie für die Berufsangehörigen in der Therapie. „Die Vorgaben zur Auswahl der Therapie und der Behandlungszeit verhindern viel zu häufig, dass die Therapeut*innen ihre Expertise voll entfalten und ihre Kompetenz anwenden können“, betont Pintarelli-Rauschenbach.  

Beim Thema Behandlungszeit kam dann schnell die Überarbeitung der Leistungsbeschreibung ins Spiel. Die Forderungen der Heilmittelerbringer für bessere Rahmenbedingungen liegen seit langem auf dem Tisch: Mehr Flexibilität bei der Behandlungszeit, Anerkennung von Diagnostik und Befundung als „elementare Bestandteile der physiotherapeutischen Arbeit“ (H. Hecker) und die effizientere Anwendung von gelernten Kompetenzen und digitalen Hilfsmitteln. Ändert sich der Rahmen durch eine Anpassung der Leistungsbeschreibung, so die klare Haltung auf dem Podium, erreichen wir eine Aufwertung der Berufe – finanziell und ideell.  

Im  Spitzenverband der Heilmittelverbände (SHV) e.V. haben sich die sechs größten Berufsverbände der Heilmittelbranche zusammengeschlossen: Deutscher Bundesverband für Logopädie (dbl), Deutscher Bundesverband für akademische Sprachtherapie und Logopädie (dbs), Deutscher Verband Ergotherapie (DVE), Bundesverband selbstständiger Physiotherapeuten (IFK), Deutscher Verband für Physiotherapie (PHYSIO-DEUTSCHLAND) und Verband für Physiotherapie (VPT).

„Bei der Gehaltdiskussion wird oft vergessen, woher wir kommen. Trotz Erhöhungen liegen wir im Vergleich mit den anderen Gesundheitsfachberufen weit hinten.“ (M. Pintarelli-Rauschenbach)

„Bürokratischer Aufwand, der bei uns abgelegt wird, muss entweder abgeschafft oder vergütet werden.“ (D. Karrasch)

„Wir sind an veraltete Rahmenbedingungen gebunden, die nicht den Standards entsprechen, die wir bieten könnten, wenn wir es dürften.“ (D. Karrasch)

„Wir müssen uns darüber Gedanken machen, wie wir unser Gesundheitssystem ausrichten wollen. In Deutschland denken wir noch immer sehr Arzt-zentriert.“ (S. Weishaupt)

„Wie schaffen wir es, den Menschen, die wir bereits gut ausgebildet haben, eine Perspektive aufzuzeigen? Wo wollen wir hin in der Versorgung? Hier hat die Politik noch einiges zu tun.“ (S. Weishaupt)

„Die Überarbeitung der Leistungsbeschreibung und eine angemessene Vergütung der abgegebenen Leistung sind mehr als überfällig.“ (H. Hecker)

Der Therapiegipfel wird jährlich vom SHV als hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion veranstaltet, um gemeinsam im Dialog mit Vertretern aus Wirtschaft, Politik und der Kassen Kernforderungen der Branche an die politischen Entscheidungsträger in Berlin zu richten.

 

Vorschläge der Verbände für eine Entbürokratisierung im Heilmittelbereich wurden nicht berücksichtigt

Seien es die Prüfung und Korrektur von fehlerhaft ausgestellten Verordnungen oder der Einzug von Zuzahlungen – der überbordende Verwaltungsaufwand in den therapeutischen Praxen kostet Geld und bindet personelle Ressourcen, die dann für die Patientenversorgung fehlen. Umso enttäuschender ist es, dass die vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) erarbeiteten Empfehlungen zum Bürokratieabbau im Gesundheitswesen nichts von dem aufgreifen, was der Spitzenverband der Heilmittelverbände (SHV) im Vorfeld gefordert hat, um die Situation in den Heilmittelpraxen zu verbessern.

Bei diesen Forderungen geht es insbesondere um vier Kernbereiche:

Der Einzug der Patientenzuzahlungen zu Heilmittelverordnungen bedeutet einen erheblichen Verwaltungsmehraufwand und sollte entweder abgeschafft werden oder über die jeweiligen Krankenkassen erfolgen. Die Zuzahlung stellt vor allem vulnerable Personengruppen vor große Herausforderungen. Insbesondere ältere Menschen, psychisch Erkrankte und Menschen mit geringen finanziellen Möglichkeiten entscheiden sich eher gegen die Inanspruchnahme von Heilmitteln, weil sie den Weg der Beantragung auf Zuzahlungsbefreiung als zu mühsam empfinden. Wenn ärztlich verordnete nötige Therapieleistungen nicht in Anspruch genommen werden, kann das in der Folge zu Mehrkosten führen!

Hinsichtlich der Prüfung und Korrektur der Verordnungen fordert der SHV, dass sich Heilmittelerbringer auf die Vollständigkeit und Korrektheit, der mittels zertifizierter Praxissoftware ausgestellter Verordnung, verlassen müssen und dass diese Verordnungen keiner zusätzlichen Überprüfung durch den Heilmittelerbringer bedürfen.

Auch wird gefordert, dass die Berufsverbände bei der Erstellung des Verordnungsmusters einzubeziehen sind. Hier sollten die Erfahrungswerte der Heilmittelerbringer unbedingt berücksichtigt werden, damit die Praktikabilität der Formulare gewährleistet ist.

Klar sollte sein, dass Ärzte verpflichtet sind, selbst verursachte Fehler auf Verordnungen korrigieren zu müssen. Denn: Zum Teil verweigern Arztpraxen notwendige Berichtigungen, sodass Patienten entweder unversorgt bleiben oder die Heilmittelerbringer das finanzielle Risiko tragen, ihre Leistungen nicht vergütet zu bekommen.

Die eVerordnung muss von Anfang an darauf ausgerichtet sein, die Problemfelder der analogen Verordnungsprozesse in der digitalen Variante auszuschließen und diese optimal zu gestalten. Wenn nicht zukünftig auf die Bestätigung der Inanspruchnahme der Leistung durch die Versicherten verzichtet wird, müssen digitale Lösungen gefunden werden, um ein rechtssicheres und auch alltagstaugliches Vorgehen zu ermöglichen. Dabei darf auch nicht vergessen werden, den Heilmittelerbringern zu ermöglichen, Korrekturen und/oder Ergänzungen entsprechend den jeweiligen vertraglichen Regelungen im digitalen Prozess vorzunehmen, andernfalls wäre die eVerordnung ein Rückschritt!

Die Empfehlungen des BMG zum Bürokratieabbau im Bereich der Wirtschaftlichkeitsprüfungen der Ärzte gehen nicht weit genug. Die geplanten Bagatellgrenzen bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen reichen nicht, um eine faktische Beschränkung der Verordnungsmöglichkeiten nach der Heilmittel-Richtlinie zu verhindern. Hier werden verbindliche Vorgaben für die Heilmittelvereinbarungen und Prüfvereinbarungen gefordert.

Der SHV-Vorstand bedauert, dass die vom SHV eingereichten Vorschläge in den bekannt gewordenen Empfehlungen des BMG keine Rolle spielen. Dies ist hinsichtlich des bestehenden Fachkräftemangels im Heilmittelbereich umso unverständlicher, da die eigentliche Arbeit in der Behandlung der Patientinnen und Patienten und nicht in der Bewältigung bürokratischer Hindernisse bestehen sollte.

Einen Wechsel gab es in diesem Jahr an der Spitze des VPT und damit auch im Vorstand des SHV. Nach vier erfolgreichen Jahren, in denen er die berufspolitischen Interessen der Physiotherapie nicht nur im VPT, sondern auch in seiner Funktion als stv. Vorsitzender des SHV mit Herzblut und Sachverstand vertreten hat, übergab der ehemalige VPT Bundesvorsitzende Hans Ortmann den Staffelstab an seine Nachfolgerin Manuela Pintarelli-Rauschenbach.

Ich danke Hans Ortmann im Namen des gesamten SHV-Vorstandes für seine wertvollen Beiträge und seinen unbedingten Willen, den Belangen der Heilmittelerbringer Gehör zu verschaffen, um die Branche voranzubringen. Gleichzeitig begrüßen wir sehr herzlich Manuela Pintarelli-Rauschenbach als neues stv. Vorstandsmitglied, so Andreas Pfeiffer, Vorsitzender des SHV. Mit ihr haben wir eine erfahrene, leidenschaftliche Mitstreiterin gewonnen, die sich in ihrer neuen Funktion als stv. Vorsitzende nun auch im Rahmen des SHV für die Zukunft der Physiotherapie stark macht. 

Die nächste Generation übernimmt. Vlnr.: SHV Vorsitzender Andreas Pfeiffer (DVE), die neue stv. Vorsitzende Manuela Pintarelli-Rauschenbach (VPT), der scheidende stv. Vorsitzende Hans Ortmann (VPT)